Honigbienen gefährden Wildbienen?
Ein Gespenst geht um in Imkerkreisen. Das Gespenst rüttelt am Selbstverständnis der Imkerinnen und Imker, die ja von Haus aus und sowieso dem Naturschutz dienen und die Naturliebe mit der imkerlichen Muttermilch verinnerlicht haben. Und jetzt stehen Imkers am Pranger und werden aus Naturschutzgebieten vertrieben. Was ist da los?
Ist Imkerbashing das neue Bauernbashing?
Spätestens seit der Studie des Krefelder Entomologischen Vereins wissen alle, dass wir einen enormen Rückgang an Biomasse und an Artenviefalt bei Insekten in den letzten Jahrzehnten zu verzeichnen haben. Nicht nur in der "Normalnatur", sondern auch in ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Zwar gibt es gute Vorschläge zur Förderung der Artenvielfalt, zum Beispiel die Vernetzung von Naturschutzgebieten (Trittstein-Konzepte). Aber nun gibt es auch die Forderung, die zahlenmäßig so enorm dominierenden Honigbienen aus Naturschutzgebieten fernzuhalten, um gefährdeten Wildbienen die Konkurrenz bei der Nahrungssuche vom Leib zu halten. Einige Kommunen haben bereits Honigbienenvölker aus Naturschutzgebieten verbannt und Imker zur Entfernung ihrer Völker aufgefordert, so zum Beispiel in der Umgebung Stuttgarts.
Und da kocht die Imkerseele. In einschlägigen Imkerforen und -zeitschriften empört sich die Imkerschaft. Interessanterweise reagieren viele schon klischeehaft so, wie wir es seit Jahrzehnten von der Landwirtschaft und den Bauernverbänden kennen. Kritiker der konventionellen Landwirtschaft, die immer wieder und vehement mehr Naturschutz und mehr Tierwohl eingefordert haben, wurden jahrelang von den Bauernverbänden attackiert und als Unwissende diffamiert.
Und wie regieren viele Imker nun ihrerseits, wenn mehr Naturschutz für Wildbienen eingefordert und die Reduzierung der Bienendichte verfügt wird? Sie reagieren wie die sprichwörtliche beleidigte Leberwurst, schreien, dass die Kritiker keine Ahnung hätten und sowieso alle Kritiker mit Vereinen wie PETA oder den radikalen Veganern unter einer Decke steckten. Selbst kleinste Dorfimkerlein solidarisieren sich reflexartig mit den Großimkereien, die hunderte von Völkern bewirtschaften und in der Tat enorm massiv auftreten.
Dabei müssen wir Imkerinnen und Imker einfach mal darüber nachdenken, was eigentlich geschieht, wenn 50 oder 100 Völker in Reihe in der Natur stehen, nur weil grade der Wald honigt, die Akazie, die Linde oder die Heide blüht. Bei unvoreingenommener Betrachtung sollten auch wir Imker erkennen, dass es bei massiver Bienenkonzentration in der Tat zu Nahrungskonkurrenz kommen kann und diese Praxis nicht gerade förderlich für gefährdete Wildbienen ist. Und die Blühphase einzelner Pflanzen kann verdammt kurz sein. Da wird's schon mal eng für die oft hochspezialisierten Wildbienen.
Wie so oft: die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen. Natürlich gehören Honigbienen auch in Naturschutzgebiete. Aber ob die Massenaufstellung naturschutzgerecht ist, darf schon bezweifelt werden.
Natürlich gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die den Wildbienenpopulationen das Leben schwer machen. Aber es kann eben auch imkerliches Handeln sein. Zumindest wir Kleinimker können darauf achten, daß die Bienenvölkern nicht massiert, sondern eher in Einzelaufstellung und mit gebührend Abstand aufgestellt werden, um so ein harmonisches ökologisches Kleinklima ohne Dominanz einer Insektenart zu ermöglichen.
Wir zumindest streben das an und entzerren unsere Standorte. Es macht halt mehr Arbeit, das stimmt schon. Aber wat mutt, dat mutt.